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VIII. Zwischenergebnis

Der Demokratiebegriff wurde von den Besatzern missbraucht, schiere Machtausübung und Zwänge als demokratisch ausgegeben, skrupellos gegen die Bevölkerung agiert. Diese Umkehrung ist zynisch, gewissenlos und fällt so auch auf den „PdMR“ zurück.

Beim Einmarsch der Franzosen stand die Mainzer Bevölkerung bedrückt und stumm (s. Forster). Die Franzosen wurden mit Widerwillen „empfangen“ (s. Abschnitt II.). Deren letzter „Besuch“ etwa 100 Jahre zuvor war mit seinen Entsetzlichkeiten noch in schlimmster Erinnerung. Bei der Wiedereroberung schlug den deutschen Truppen Jubel entgegen. Dazwischen lag eine Zeit rücksichtsloser Unterdrückung.

Die in den vorangegangenen Abschnitten näher behandelten Fakten zeigen, dass Franzosen und Klubisten von Anfang an zielorientiert und nachhaltig ohne Rücksicht auf die Bevölkerung ihre Machtinteressen durchsetzten und die Eingliederung der Rheinlande zu Frankreich betrieben. Die Berichte des in Mainz tätigen Pariser Nationalkommissars Simon lassen keine Umdeutung zu. 

Mit der Custin‚schen Eroberung und dessen Initiation sowie Instrumentalisierung des „Jakobinerklubs“ mit Forsters Forderung v. 15. 11. 92 waren die Weichen zur Annexion gestellt. Hierbei hätten wirkliche demokratische/republikanische Vorgaben nur gestört, waren nach Kenntnis der in der Bevölkerung herrschenden ablehnenden Stimmung auch nicht beabsichtigt.

Die bereits vorher – auch auf deutschem Boden – exerzierten „Scheinrepubliken“ an der Bevölkerung vorbei waren weder individuell noch singulär, sondern ein von den Besatzern verordnetes, nachdrücklich mit drastischen Mitteln betriebenes und wiederholtes Muster zur Einverleibung eroberter Gebiete.

Von einer so genannten „1. Republik auf deutschem Boden“ in Mainz, geschweige einer demokratischen, kann keine Rede sein, da gab es vorher die ähnlichen und gleich fehlgängigen Raurakischen und Aachener Konstrukte. Die führenden deutschen Historiker sind in ihrer Bewertung klar: In Weimar zeigte sich zum ersten Mal eine demokratische Republik (s. z. B. Prof. Winkler, Berlin)

Bei den durch die Franzosen initiierten „Pflanzstaaten“ mangelte es am erforderlichen Volkswillen und der notwendigen Ausrichtung hierauf. Hier das Mainzer Beispiel:

  • Von Anfang an war Einverleibung ausschließliche Zielvorgabe
  • Interessen der Bevölkerung unbeachtlich 
  • Mit Pressionen und Waffengewalt betriebene Eidverpflichtung - Abstimmung auf beeidigte Parteigänger beschränkt
  • Freie Wahlen nie beabsichtigt, deren Behauptung sollte Zwänge maskieren
  • Keine Wahl, da ohne Wahlmöglichkeit, nur Akklamation vorgesehen 
  • 88 bzw. 92 % der Stimmfähigen blieben fern
  • Die wenigen „Wähler“ wurden gegen die überwältigende Bevölkerungsmehrheit als Zustimmung aller ausgegeben
  • Nach unrechtmäßiger Konstituierung des „Konvents“ Einverleibung und äußerste Strenge gegen Eidverweigerer 
  • keine Souveränität, Staat kam nicht zustande, keine demokratische Legitimierung

Selbst bei unterstelltem „Freistaat“ war mit der vorbehaltlosen Bitte um Einverleibung und damit Aufgabe aller etwaigen souveränen Rechte, spätestens aber mit der Inkorporation bzw. Selbstauflösung alle  Konstrukte erledigt.

Beginnend mit den Dezemberdekreten und den nachdrücklichen Gewaltandrohungen zur Durchsetzung der Einverleibung gegen den klaren Willen der Bevölkerung sollte zu deren Einverständnis getrieben werden. Aber nur wenige Unterstützer - und die meisten im Sold der Franzosen - waren festzustellen. Spätestens mit der Abstimmung vom 24. 2. 1793 zeigten sich die Meinungsverhältnisse überdeutlich.

Von demokratischen Ansätzen/Abläufen nach den geltenden Kriterien kann nach allem keine Rede sein. Wer dennoch von „demokratischer Republik“ spricht geht fehl, die gab es nicht, war auch nicht beabsichtigt. Philosophieren, Zitieren, Unterstellen und Ableiten können rationale Faktenbewertung nicht ersetzen. Beweise, dass die Franzosenherrschaft und deren Ziele 1792/93 einem Mehrheitswillen der Bevölkerung entsprachen, gibt es ebenfalls  nicht. Im Gegenteil. Die unmittelbaren und validen Quellen zeigen eindeutig und einhellig die Ablehnung von Franzosen und Klubisten. 

Der in Mainz eingesetzt gewesene Kommissar Merlin hat es Ende 1793 vor dem Pariser Konvent klar ausgedrückt: In Deutschland (damit war das linksrheinische Gebiet gemeint) nur wenige „Anhänger der Freiheit“ (s. Abschnitt III. - Frz. Machtpolitik)

Wie Bamberger als führende Persönlichkeit der 48er Revolution und jahrzehntelanger intimer Beobachter der frz. und deutschen Gesellschaft feststellen konnte, gab es keine sympathische Hinneigung der Massen nach Frankreich – auch nicht 1793 (Bamberger, Erinnerungen Bl. 164)

Von französischen und anderen Forschern wurde vielmehr Franzosenfeindschaft im Rheinland festgestellt. Hier sind insbesondere Droz und Dreyfus zu nennen (letzterer in „Societes et mentalites a mayence, Paris 1968, zu Droz s. Fehrenbach nachfolgend S. 88)

Von einem revolutionären Mainz oder Bereitschaft hierzu gibt es keine Indizien (s. hierzu Fehrenbach „Politischer Umbruch und gesellschaftliche Bewegung“, Oldenbourg 1997, S. 42/43) Nr. 4.1

Ziel, Abläufe und Interessen der von den Klubisten umgesetzten Kampagne zeigen sich klar und ungeschminkt. Beschönigungsversuche scheitern an der Wirklichkeit. Sollte die laut und bis heute tönende Propaganda der Franzosen, Klubisten und Epigonen damit verwechselt werden können? Bei allem Verständnis für heftiges Wünschen: Es zählt allein die Bevölkerungsmehrheit und deren Wille. Hierzu geben die bewiesenen Fakten klare Auskunft. 

Demokratie setzt Volkssouveränität als Legitimationsbasis für demokratisches Handeln voraus. Die ist nur mit Majorität  über die Gesamtheit aller Bürger zu erreichen. Das war nicht der Fall.

Die ermittelten Umstände sprechen eine klare Sprache: Tyrannei, Unterdrückung, Erniedrigung und Willkür.  Demokratische Absichten? Vorgeschoben, um mit Täuschung das politische Ziel zu erreichen bzw. im Nachhinein zu simulieren. Scheingebilde, jedenfalls ohne die erforderliche Legitimation durch das Volk, sollte allein französische Interessen befördern. 

Ob Freistaat oder nicht, die Franzosen wollten über die eroberten und auszubeutenden Gebiete den Rhein dauerhaft als Ostgrenze etablieren. Die Maskerade mit Konvent und Anschlussbegehren konnte überdies für spätere Ansprüche genutzt werden, was tatsächlich nach dem 1. WK von Frankreich während der Rheinlandbesetzung und erneutem Versuch der Eingliederung geltend gemacht wurde.

Absichten, Wunschvorstellungen, Umdeutungen, Auslegungen und/oder Projektionen als Reflexe auf den Begriff „Republik“ durch die Machthaber und Klubisten oder viele Generationen später und aus einer anderen Zeit heraus sind fehl am Platz, durch Tatsachen nicht gedeckt. Diktatorische Systeme am Volkswillen vorbei lassen sich auch durch Spiegeleien und ideologische Kunstgriffe nicht in wirkliche demokratische Strukturen umformen. Die DDR bot lange genug und unmittelbar Anschauungsmaterial, wie sehr Propaganda von Fakten entfernt sein und beeinflussen kann. Die pompösen Feiern und Jubeleien zum 40. Jahrestag der DDR sollten deren Erfolge vorzeigen, die Zukunftsfähigkeit beweisen. Kurze Zeit später brach das innerlich verrottete System unter dem Jubel der Bürger zusammen. 4.)

Einzig feststellbares, konkretes und nachwirkendes Resultat der Besatzung von 1792/93 war das von Franzosen und Klubisten über die Bevölkerung gebrachte Elend. In Mainz waren von rund 23.000 Einwohnern Mitte 1792 im Frühjahr 1793 weniger als 15.000 festzustellen. Bis zur Wiedereroberung mussten noch Tausende die Stadt verlassen. Nach den Feststellungen sind über 10.000 Eidverweigerer nach völliger Enteignung mit dem gesamten Hausstand aus der Heimat geworfen worden: Die entschiedene Ablehnung in der Bevölkerung, die sich lieber vertreiben lassen als ducken wollte.

Die Besatzungsarmee sog das Volk aus. Rund 20.000 französische Soldaten waren in der Stadt dauerhaft einquartiert, mit erheblichen Lasten verbunden. Bei der Kapitulation zogen noch 16.000 Soldaten ab, begleitet von etwa 150 einheimischen Helfern, davon kaum oder - wegen Auflösung des Klubs im Frühjahr - keine Klubisten. Die wenigsten wollten nach Frankreich. 46.) 49.) v. 19. 7. 93

Lt. frz. Stadtkommandant d`Oyre: „Trotz (!) Ausweisungen und sonstiger Maßnahmen waren die Einwohner uns so wenig gewogen, dass nur etwa 150 Anhänger unserer Prinzipien festzustellen waren, wovon zwei Drittel sich weigerten, nach Frankreich zu gehen“. 46.)

Die haben lieber die „Verfolgung“ – sprich Sanktionierung ihrer Gesetzesverstöße gegen das weiter geltende Recht - in Kauf genommen. Damit ist offensichtlich, welche geringe, durch die Franzosen gestützte Minderheit zuletzt noch gegen den Willen der Bevölkerung agierte. So wie bei der „Wahl“. Es ist mehr als kühn, jedenfalls nicht nachvollziehbar, mit so wenigen - und bezüglich der Klubisten gekauften - Kollaborateuren den Willen des Volkes begründen zu wollen. 

Die Zahlen zeigen die Armseligkeit sowohl des „Unterstützerpotentials“ als auch der einschlägigen Argumentation. Offensichtlich ist in zynischer Weise schiere Gewalt als Mittel der Überzeugung oder Unterwerfung angesehen worden. Eine diktaturtypische Situation: Wenige zwingen der überwältigenden Mehrheit die vorgegebenen Ziele auf. Solche Meinungsdiktaturen gab es schon immer (im 20.  Jh. Hitler, Stalin, Mao) gibt es noch heute, wenn auch mit anderen, aber ähnlich unseriösen Methoden.

Zwangsläufig war die Bevölkerung in Not. Wirtschaftlicher Niedergang, Ausbeutung, strengste Zensur im Gegensatz zum Kurstaat, religiöse Knebelung und Besatzerwillkür kamen hinzu, eine Ruhrepidemie während der Belagerung tat ein Übriges. Die Todesrate bei den Zivilisten stieg schnell.

Ungeschworen durften nur diejenigen verbleiben, die für Militärdienste und Infrastrukur notwendig waren.

Einige schwörten aus Angst vor den französischen Sanktionen, sie wollten ihre Familien schonen, Enteignung und Vertreibung umgehen. Deren Zahl ist quantifiziert durch die Teilnahme an der Abstimmung.

Die Wälder um Mainz waren niedergelegt, viele tausend Obstbäume zerhauen, das Glacis planiert, störende Häuser und das prächtige Gartenschloß Favorit niedergerissen 49.) v. 15. 2. 93, 23. 2. 93

Insgesamt, einschließlich der von Goethe bejammerten zertrümmerten Stadt (weil die allein maßgebenden Kommissare Verhandlungen ablehnten und die Beschießung herausforderten), haben Franzosen und Klubisten eine recht eindrucksvolle Negativbilanz vorzuweisen. Es war sicher kein Trost für die Mainzer, dass es ihren Vorfahren im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1688 ähnlich erging, als 11.000 Franzosen bei deutlich geringerer Bevölkerungszahl im Vergleich zu 1792 die Stadt fast ein ganzes Jahr besetzt hielten. 30.)

Immerhin haben es die Verbündeten erreicht, durch Schonung der volkreichsten Viertel die Opfer des Beschusses sehr gering zu halten - etwa 20 Opfer. Es blieb keine Wahl, so wie der Zar keine Wahl hatte, als er seine glanzvolle Stadt Moskau opferte, um Napoleon mit seiner Grande Armee in die Niederlage zu führen - oder die Sowjets mit Stalingrad.

Gern hätten die Mainzer auf die „Wohltaten der Befreier“ wie Eidzwang, Indoktrination, Ausplünderung und Verfolgung verzichtet. Die bekannte kurfürstliche „Knechtschaft“ mit ihren angenehmen Lebensverhältnissen war ihnen weit erstrebenswerter. Im Gegensatz zu damals (Lesegesellschaften mit vorgehaltenen französischen Journalen!) herrschte jetzt strengste Zensur. Das Volk und dessen Bedürfnisse interessierten nicht. 53.)

Die Leiden der Menschen auch außerhalb der Stadt dokumentiert die Erinnerungsliteratur, vorzugsweise über Ortschroniken oder berichtende Pfarrer zugänglich (s. beispielhaft Quellenverzeichnis) .Sie zeigt die erbarmungslose Plünderung, die Soldaten nährten sich vom Volk. Im Laufe des Krieges zogen auch die „höllischen Legionen“ mit ihren mobilen Guillotinen durch die deutschen Lande. Später in Frankreich, in der Vendee, halfen sie nachdrücklich beim Völkermord, sorgten für Friedhofsruhe. 1.) 17.) 32.)

Zwar können auch totalitäre Systeme ohne demokratische Basis im Rahmen ihrer Herrschaft durchaus den einen oder anderen positiven Gedanken entwickeln und vielleicht auch umsetzen. Dadurch allein lässt sich aber nichts rechtfertigen. Entscheidend sind nicht Einzelaspekte, sondern ausschließlich die festgestellten, aktuellen Gesamtumstände und inwiefern diese demokratischen/republikanischen Inhalten entsprechen. Die Zwänge und Drohungen der Besatzer ab Januar 1793 zeigen die wirklichen, den Menschen schädlichen Absichten (s. auch Abschnitt IX.) Zu keinem Zeitpunkt, bei keiner Gelegenheit hatte das Volk Gelegenheit zur Gestaltung. Die Klubisten dienten ausschließlich den Interessen der Franzosen, waren Custine und den Pariser Kommissaren verpflichtet und von dort abhängig9. S. 312)

Die zielstrebig betriebene Annexion des eroberten Gebietes mit Hilfe der angereisten Pariser Kommissare sollte als „Volkes Wille“ durch den über Scheinwahlen eingesetzten „Konvent“ verschleiert werden. Nach der Sachlage ist es müßig, mit dem heutigen Deutungsinstrumentarium und Verrenkungen nach „parlamentarischen Vorformen“ oder „demokratischen Spuren“ zu fahnden und etwaige wünschenswerte oder in moderne Zeiten weisende Entwicklungen zu destillieren. Die eindeutigen Äußerungen der Akteure und klaren Ergebnisse der Faktenrecherche sind durch ergebnisorientierte Interpretationen nicht retuschierbar oder umzudeuten. Die rheinischen Lande mussten zu Frankreich - gleich wie! Die Bevölkerung war fremdbestimmt, allein die Kommissare gaben die Richtung vor und setzten die auch durch: Von Eidzwang über Abstimmung bis zum „Konvent“ wurde das Ziel der „Eingliederung“ erreicht.

Die in kurzer Zeit stark abgeschmolzene Zahl der Klubisten, die das Geschäft der Franzosen betrieben und unterstützten, können nicht den Volkswillen reklamieren. Als es darauf ankam, über einen Konvent abzustimmen, haben in Mainz gerade einmal 372 Bürger votiert, die meisten davon sich dem herrschenden Druck und eindeutigen Drohungen beugend. Von den inklusiven Franzosen verbliebenen 36 Klubisten haben sich über die Hälfte der Abstimmung entzogen! Daraufhin wurde der Klub von den Kommissaren aufgelöst, mit nur noch wenigen und an maßgeblichen Stellen etablierten Mitgliedern exklusiv weitergeführt.

Propaganda und Ziele eigennütziger Agitatoren können keine Beurteilungsgrundlage sein. Die Lebenswirklichkeit, die Taten und Wirkungen beweisen, dass die Politik der Franzosen und ihrer Helfer weder den Interessen der Bevölkerung gedient hat noch gewünscht wurde, die Ablehnung war trotz oder wegen heftigster Pressionen nahezu einhellig. Bei den klaren Befunden ist es unredlich, von Republik oder demokratischen Spuren zu sprechen, mit Kunstgriffen zu fingieren. An den in diesen Begriffen enthaltenen Bezug auf Willen und Wohl des Volkes mangelte es völlig.

Insofern ist die im Vorspann gezeigte zeitgenössische Karikatur des Freiheitsbaumes (Stichwort „Willkommen“) mit dem erklärenden Text eindeutig: Der Baum hat keine Wurzeln im Volk, er ist „draufgesetzt“.

Diese Freiheitsbäume sollten den vorgeblichen Willen der Bevölkerung ausdrücken. Die Pflanzaktionen waren planmäßiges Mittel politischer Agitation durch die Besatzer, verordneter Festakt. Die Bäume wurden regelmäßig besudelt 48.)

Ergebnisorientierte Expertisen, die Brüche zeigen und die Fakten „brauchbar“ umwerten (z. B. massive Zwänge und Deportationen als „gelegentliche Nachhilfe der Franzosen“?), zeigen Hilflosigkeit. Man hätte es zu gern gesehen, aber von einer Revolution oder revolutionären Situation konnte keine Rede sein. Die Bevölkerung wollte davon nichts wissen, verharrte, wünschte sich die vorherigen Verhältnisse zurück. Agitation und Umtriebe der Besatzer und Klubisten wider die Wünsche der Bürger haben mit revolutionärem Geschehen nichts zu tun.

Alle Feststellungen zeigen, auf welcher Seite die überwältigende Mehrheit der Bürger stand (beispielhaft neben den genannten s. Quelle Nr. 46 S. 38).

Dumont hat in der 2. Auflage seiner „Mainzer Republik“ in einem eigenen Abschnitt die „Doppelzüngigkeit“ der Besatzer und ihrer Helfer nachgewiesen. Deren Handeln stand in permanentem und offensichtlichem Widerspruch zu der ständigen Propaganda zu Menschenrechten, Freiheit und Demokratie. Beabsichtigt war allein die Einverleibung der linksrheinischen Lande zur Sanierung des frz. Staatshaushalts. Die Freistaat sollte Vehikel hierfür sein (a. a. O. S. 586 ff), war bloßes Mittel zum Zweck. Mit dieser Konstruktion sollte das in der französischen Verfassung verankerte Annexionsverbot eroberter Gebiete durch Waffengewalt mit einem vorgeblichen „Plebiszit“ umgangen werden. Die Bevölkerung interessierte nicht. Die hatte unter den von Altklubisten im „Konvent“ initiierten terroristischen „Dekreten“ vom 25.-29. 3. 1793 zur Verfolgung und Deportation Andersdenkender zu leiden. 

Auf die Nachweise zu Dumont (XIII.) wird verwiesen.

Die den Menschen 1792/93 auferlegten und getragenen Lasten und Leiden um ihrer Freiheit und Überzeugung willen sind zu würdigen und zu respektieren. Die Unterdrücker und deren Helfer haben jede Achtung verspielt, kein Gedenken verdient.

Es ist mehr als angezeigt, sich mit der leidenden Bevölkerung zu beschäftigen, mit denen, die durch kaltblütige Deportationen bei Verlust allen Vermögens aus der Heimat geworfen wurden. Diese Menschen verdienen Anerkennung, die haben mit Bekennermut und für ihre Überzeugung den ständigen Drohungen, Repressionen und menschenverachtenden Praktiken standgehalten.

Aber offensichtlich ist das Schicksal der Menschen zwischen Landau und Bingen über die zielgebundenen Betrachtungen völlig aus dem Blickfeld geraten – während bei Texten der Klubisten und Kommissare jedes Satzzeichen auf positive Interpretationsfähigkeit hin mehrfach gewendet und gewogen ist. 

Es fragt sich, weshalb trotz Kennenmüssen der bekannten, anhaltenden Leiden der Zivilbevölkerung aktuell und öffentlich nicht dieser Opfer gedacht wird - obwohl stets vom Volk als Legitimationsträger gesprochen wird. Sollen das unvermeidbare Kollateralschäden eines hypothetischen demokratischen Weges gewesen sein – und inwiefern? Oder stehen die Opfer auf demokratische Ansätze bzw. die Republik zielenden Behauptungen und Auslegungen im Wege und müssen deshalb schweigen?

Die Leiden der unterdrückten Bevölkerung von 1792/1793 machen Mainz mit vollem Recht zum

                    Ort der Erinnerung/Platz der verfolgten Mainzer Bürger

 

Dieser Ort ist den Verfolgten, den Opfern zu widmen und nicht den Tätern. Unter dem Siegel einer nachgeborenen und heftig beanspruchten „Mainzer Republik“ sind vieltausendfache Vertreibungen dieser zuzurechnen.

Weil aus den beschriebenen Gründen Souveränität und Legitimierung fehlte, gab es auch keine Gesetzesbefugnis mit der Folge, dass die „Dekrete“ keine waren und damit auch formal unrechtmäßig vorgegangen wurde, mit anderen Worten: Wenn insofern auch gegen weitergeltendes (Kur-)Recht verstoßen wurde, handelte es sich um klare Verbrechen (z. B. Enteignungen, Vertreibungen).

Die unter den Fittichen der und mit den Franzosen agierenden Klubisten waren verschwindende und verachtete Minderheit, haben keine positive Resonanz in der Bevölkerung erreicht, vielmehr nachhaltig und schwerwiegend gegen deren Wohl verstoßen. Die Menschen sind zynisch getäuscht, unterdrückt und geschmäht worden. Es ging ausschließlich um die Interessen Frankreichs und das Wohl der von dort großzügig alimentierten Klubisten.

Durch die Mitte des 20. Jh. einsetzende Instrumentalisierung gelang der "Mainzer Republik" Aufmerksamkeit - im Ungleichgewicht zu behaupteten, aber nicht objektivierbaren demokratischen oder/und republikanischen Spuren. Die von der DDR gelenkte und ergebnisbezogene Forschung (s. oben zu Scheel) sollte eine - gleich wie - historisch abzuleitende demokratische/marxistische Legitimation für den eigenen Staat suchen, die in den Vorgängen um die „Mainzer Republik“ gefunden zu sein glaubte. Es ist verblüffend, dass sich dialektische Umfrisierungen heute noch - von störenden Fakten unbeeinträchtigt - in der Literatur zur „Mainzer Republik“ finden. Scheel als Vorkämpfer der DDR-Sicht hat nach der Wende klare Worte gefunden, weil er sich durch die SED als Magd der Politik missbraucht sah...Eine Bankrotterklärung. Auch für Exegeten, die immer noch wider alle Fakten von der längst erledigten „demokratischen Keimzelle“ sprechen möchten. 4.) 7.1)

In der DDR waren Forschung, Lehre und Geschichtspropaganda Schwerpunkte der historischen Wissenschaft. Ein enger Bezug zur lokalen Rezeption der MR, die im Wesentlichen von Propaganda und nicht von Fakten geprägt ist.

Die Parallelen zur DDR sind über die Zeiten frappierend: Jeweils von ausländischen Mächten allein in deren Interesse errichtete und unterhaltene militärisch abgesicherte Herrschaft mit Sanktionen gegenüber Andersdenkenden. Strategisch und taktisch hatten Franzosen bzw. Sowjets grundsätzlich letzte Entscheidungsbefugnis, ohne deren Placet ging nichts. Die Bevölkerung war Staffage, von wirklichen demokratischen Strukturen keine Spur. Zum Vergleich: So stürmten am 30.11.1948 SED-Mitglieder im Auftrag der Sowjets den Sitz des gemeinschaftlichen provisorischen Magistrats in Berlin, erklärten den seiner Funktion enthoben und riefen einen eigenen Magistrat für den Ostteil der Stadt aus, womit dessen Sowjetisierung und der Weg zur DDR begann (die-luftbruecke-berlin.de/ Nr.74 und 78)

Die demonstrative Verachtung wahrhafter Demokratie und der so oft im Mund geführten Menschenrechte ist offenkundig und mit zahlreichen Belegen nachgewiesen. Das gilt nicht nur für die gewissenslosen Machthaber samt Klubisten, sondern auch für die zeitgenössischen Befürworter eines „Platzes der Mainzer Republik“. So wie bei der Umdeutung der gegen die DDR - Bevölkerung gerichteten Todesgrenze in „antifaschistischen Schutzwall“ wird hier gegen alle Befunde ein mit Bajonetten durchgesetztes Regime als „demokratische Keimzelle“ behauptet.

Ähnliches Vorgehen auch bei den rheinischen Separatisten von 1919 und 1923. Die für letztere von der französischen Besatzung heraus gekramten Rezepte („Errichtung einer Republik“) von 1792/1793 kamen erneut zur Anwendung, bis zur 1923 erfolgten Deportation von 5000 Mainzern samt Oberbürgermeister. Die Missachtung des Volkswillens und gegen jede demokratische Regeln durchgesetzte Machtinteressen, Propaganda statt Wahrheit, um Diktatur zu verbrämen: „Unwahrheit, oft genug wiederholt, wird irgendwann als Wahrheit empfunden.“ 58.)

Alle, die sich an der Bevölkerung schuldig gemacht haben, verdienen auch heute noch Verachtung. Die klaren Fakten ergeben kein demokratisches Quäntchen, aber viele Fuder erbarmungslose Unterdrückung. 

Wer Haft, Massendeportation und Enteignung, unterschiedlichste Zwänge, Meinungsterror, Gewalt, militärische Operationen gegen die Bevölkerung, permanente Unterdrückung und Verachtung der Menschen, all das als Ausdruck demokratischer Absichten verstehen will, muss sich nach dem eigenen Demokratieverständnis fragen lassen.

Nach Entkleidung aller Propaganda und ideologischer Überhöhung hat es sich - auf den Kern reduziert - 1792/93 um pure territoriale Machtpolitik gehandelt, um die Ausweitung Frankreichs bis zum Rhein. Das war Vorgabe, wurde durchgesetzt. Insofern sind Fakten und Abläufe begründet nachgewiesen, die Bevölkerung durchschaute das böse Spiel: Cui bono?

Ein „Platz der (Mainzer) Republik“ ist Fehlgriff, nicht nur weil allen Fakten widersprechend. Wegen der mangelnden Relevanz und isolierten politischen Betrachtensweise haben die Bürger hieran kaum Interesse, die von der DDR-Forschung angestoßene Propaganda hat sich überlebt. Bundesweit wird über Propagandaeffekte hinaus das Gewese um die „Republik“ wenig ernst genommen (s. z. B. „Die deutsche Seele“ v. 11/2011, 6. Auflage).

Ein Erinnerungsplatz hätte lediglich dann Berechtigung, wenn er historisch zutreffend als Mahnung gelten würde, künftig ähnliche Missachtungen des Volkswillens zu verhindern: „Ort der Erinnerung“ kann zutreffend nur auf heftigste Unterdrückung und passiven Widerstand  der Mainzer Bürger bezogen werden! Der Leiden der Opfer, nicht den Tätern ist zu gedenken...

Geschichte „von unten“ bietet hier ein faktenreiches, klares Kapitel.

Nun ist zunächst ein „Platz der Mainzer Republik“ installiert. Er darf aber so wenig Bestand haben wie die einschlägigen Namen der Plätze und Straßen aus den deutschen Diktaturen des 20. Jh. zur Ehrung der jeweiligen totalitären Ideologie.

Der Interessierte möge an den nachgewiesenen Tatsachen überprüfen. Er wird erkennen, dass nicht diese, sondern politische Absichten zu Lasten der Opfer des „PdMR“ zugrunde liegen.

Im Übrigen: Das im ersten Drittel des 18. Jh. für den „Deutschen Orden“ erbaute „Deutschhaus“, Versammlungsort des „Konvents,“ hat gelegentlich Napoleon bei seinen Reisen als Logis gedient, war nie Residenz des Kurfürsten. Der auf Dauer eher liberale Großherzog von Hessen-Darmstadt, in der 1848er Revolution durchaus gemäßigt, wohnte nur bei seinen Mainzbesuchen dort. Seit 1793 ist das „Deutschhaus“ aber der Ort, wo grausame und menschenverachtende Beschlüsse mit Vertreibung von Tausenden im Namen einer inexistenten „Mainzer Republik“ gefasst wurden. Andere Beschlüsse, neben dem „Einverleibungsdekret“, gab es nicht. Es liegt auf der Hand, weshalb sich die Bevölkerung nach dem Kurstaat zurücksehnte.

Hiernach ist folgende Formulierung falsch: „Es stehen uns die Jakobiner....näher als alle Kurfürsten, Kaiser, Großherzöge und Generäle, die je das Deutschhaus bewohnten.“ Bezieht man das auf die letzten beiden Kurfürsten mit ihren hervorragenden Leistungen, würden sich alle zeitgenössischen Gesellschaften gern einer solchen Teilhabe erfreut haben.

Es kommt eben nicht auf uns, die heutige Ideologie oder die jakobinersüchtige DDR, sondern auf Willen und Empfinden der seinerzeitigen Bevölkerung an. Die hat sich mit dem Kurfürsten sehr wohl gefühlt, kam unter den Franzosen ins Elend.

Das Hauptwerk Dumonts (1993 ergänzt) hat in allen Grundzügen speziell zur - negativen - Beurteilung der behaupteten demokratischen Abläufe seit über 30 Jahren weiterhin und aktuell Bestand. Im Anhang „Dumont“ sind die Kernpunkte aufgelistet.